Ihr lest richtig, jawohl. Ein
Hauch von Zauberei kehrte an diesem Wochenende in der Regionalsporthalle in
Steilshoop ein. Die Aikidoabteilung des
Bramfelder Sportvereins in Hamburg richtete dort ihren jährlichen
Vereinslehrgang aus – diesmal war Martin Glutsch 6. Dan aus Böblingen geladener
Lehrer. Bereits Samstag wurde die Halle entsprechend für den Lehrgang
hergerichtet: Es mussten ca. 300 qm Matten ausgelegt werden und die Kamiza
wurde hergerichtet, mit wunderschönen Lilien und natürlich behielt Meister
Ueshiba über jegliches Geschehen den Überblick.
Am Sonntag war dann
Anreisetag bis 10:00 Uhr in Hamburg, und
nach und nach trudelten fast 50 Aikidoka in der Halle ein und wie sollte es
anders sein: wieder waren viele bekannte Gesichter dabei, der
Begrüßungsmarathon wollte einfach nicht enden: hier eine Umarmung, da ein
Händeschütteln.
Um 10:30 Uhr Martin gab die
Verantwortung des Aufwärmtrainings an jeden einzelnen ab, und so turnten alle
Teilnehmer –intensiv oder weniger intensiv- über die Mattenfläche, um sich
aufzuwärmen. Dann wurde in 2er-Reihe angegrüßt. Martin versprach sich größte
Mühe zu geben, was sein Hochdeutsch betrifft; und so schwäbelte es nur wenig.
Kaum hatte Martin die ersten
Atemübungen und Sabakiformen mit uns geübt, ging es auch schon voll zur
Sache: Sofort war allen klar, das wird
anstrengend und fordernd, für Geist und Körper. Auch Martins gewählte Thematik
war gleich nach der ersten Technik einleuchtend: Zentrumsverbindung und
Führung.
Martin legte viel Wert
darauf, dass die Zentren von Uke und Nage stets miteinander verbunden sind.
Dies Aufgabe wurde sowohl Uke als auch Nage aufgetragen. Beide mussten ihren
Teil dazu beitragen, damit sich die Zentren überhaupt verbinden konnten. Kam
z.B. zu viel Energie von Uke, war es für Nage schwer eine Verbindung mit dem
Zentrum einzugehen. Ähnliches gilt für zu wenig Energie. Es war also ein
ständiges Spiel von Spannung und Entspannung, Geben und Nehmen, Verbinden und
Lösen.
Aber schnell stellte man sich
die Frage: Wie erreiche ich diese Verbindung? Martin zeigte hierzu eine recht
beeindruckende Übung. In ai-hanmi Position berühren sich lediglich die
Fingerspitzen von Uke und Nage. Durch einen minimalen Impuls auf das Zentrum
des Ukes wird sofort eine Verbindung zwischen den Zentren erzeugt. Und wer sich
nun fragt wie es dann weiterging, nun ja den Rest erledigt eben die
Schwerkraft. Ich habe nicht sofort eine Verbindung finden können, aber je öfter
man versucht, seine Zentren miteinander zu verbinden, desto besser funktioniert
es irgendwann. Und man fühlt immer besser, wie der Partner mit dem man übt es
schafft, sich mit dem eigenen Zentrum zu verbinden und anders herum.
Martin verdeutlichte das
Prinzip der Zentrumsverbundenheit mit Hilfe der verschiedensten
Aikido-Techniken wie z.B. Ude-Osae aus der Kata Grundstellung, Tenchi-Nage,
Kaiten-Nage-Soto oder Sumi-Otoshi.
Auffallend (bzw. eher fast unsichtbar) waren die nur winzigen minimalen
Körperbewegungen von Martin, welche uns Teilnehmer vor Rätsel stellte - es kursierten sogar Gerüchte
von Zauberei.
Von allen wurde ein hohes Maß
an Empathie und Einfühlungsvermögen in Uke bzw. in sich Selbst, als Nage
abverlangt. Manchmal eine nicht ganz so leichte Aufgabe, wie ich im Laufe des
Lehrganges herausstellen sollte.
Mittagspause um 12:30 Uhr. Es
wurde nicht nur für genügend In-Put auf kognitiver oder motorischer Ebene
gesorgt, sondern auch das leibliche Wohl sollte nicht zu kurz kommen: Wir
gingen in den „Treff 44“, welcher unmittelbar in der Nähe der Halle war. Es gab
ein reichhaltiges Buffet von italienischen Vorspeisen, Salat und als
Hauptspeise Arrabiata und Lasagne und als Nachspeise Obst mit
Mascapone-Sahne-Creme.
Nach dem Mittag begann dann
die 2. Trainingseinheit ab 14:30 Uhr. Kugelrund gefuttert hatten alle
Teilnehmer Mühe, die gefüllten Zentren wieder in Bewegung zu bringen. So
verlagerte Martin die nächste Technik in die Horizontale: Nage lag auf dem
Rücken, Uke griff Gyaku-hamni an. Im Liegen (das Zentrum konnte nicht mehr
ungewollt zurück oder weg genommen werden) galt auch hier das Gleiche wie im
Stehen – Zentrum verbinden und nach und nach erst das Handgelenk nach außen an den Arm des Uke bringen, den
Ellbogen führen und dann langsam nach außen absenken.
Dann kam Martin mit Gemüse.
Man stelle sich eine Karotte vor und der Uke versucht diese aus Gyaku-hanmi zu
erwischen. Ein kleiner Atemi und die ai-hanmi Hand wurde zur eigentlich
wichtigen geführten Hand und bot sich an für den Ude-osae. Hier war es Martin
wichtig noch ein Mal auf die Gleichgewichtsbrechung des Uke einzugehen. Ist Uke
bereits soweit, dass er sich fast am Boden abstützen will, dann sollte man ihm
dies doch gerne ermöglichen. Tritt Nage in diesem Moment in das Zentrum von Uke
ein, fungiert quasi als Platzhalter, dann bleibt Uke keine andere Wahl als sein
Gleichgewicht aufzugeben und sich zu Boden führen zu lassen.
Alle Teilnehmer trainierten
fleißig, übten sich in empathischen Einfühlungsvermögen und
Zentrumsverbindung. Martin bewegte sich
stets mit einem Lächeln durch die Übenden und hinterließ hier und da gerne noch
den einen oder anderen Geheimtipp.
Abschließend lässt sich nur
sagen, wer diese Selbsterfahrung von Zentrumsverbindung nicht irgendwann einmal
selbst gespürt hat, der hält es vielleicht wirklich für Zauberei. Und das ganz
ohne Zauberstab… eben nur mit etwas Zentrum.
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