Montag, 28. November 2011

Kick it like Zimmermann

Landeslehrgang mit Frank Zimmermann 5. Dan am 26.-27. November 2011 in
 Bad Malente Gremsmühlen

Jeder von euch kennt dieses Phänomen: Man stöbert mal hier, mal da auf den Verbandsseite herrum, studiert die Lehrgangspläne und stößt dabei plötzlich auf einen Lehrgang, der einen interessiert und wo man unbedingt hin möchte. So war es auch diesmal, zumal das Thema eines war, was sonst nicht allzu häufig im Aikido auftaucht: Abwehr gegen Fußtritte. Zumal hatte ich gehört, dass Frank Zimmermann im Oktober eine sehr gute 5. Dan Prüfung abgelegt haben soll...noch ein Grund mehr also!
So fand sich aus Hamburg eine Fahrgemeinschaft und es ging bei schmuddeligem Herbstwetter auf in Richtung Malente.
Alle fanden sich nach und nach im Foyer ein, und Ulrich organisierte die Zimmerverteilung. Und um 15:15 ging bereits die erste Trainingseinheit los.
Frank stellte sich kurz vor und begann dann mit einem spritzigen Aufwärmtraining bei dem natürlich mehr Wert auf die Dehnung und Beweglichkeit der unteren Extremität geachtet wurde. Dann erklärte uns Frank, dass es verschiedene Trittmöglichkeiten gibt: Mae-Keri, Yoko-Keri und Mawashi-Keri. Der Mae-Keri ist ein Tritt nach vorne und zielt auf Bauchhöhe des Partners. Er kann wahlweise mit angezogenen Zehen oder gestrecktem Fuß ausgeführt werden.
Um dies zu üben verteilte Frank Pratzen und wir durften alle mal so richtig zutreten. Dies war auch für den Pratzenhalter sehr eindrucksvoll, dieser spürte doch sehr direkt, wieviel Kraft eigentlich hinter so einem gezielten Triff steckt. Und so machten sich alle langsam aber sicher mit der "neuen" Angriffsform vertraut. Frank stand jedem mit wertvollen Tipps jederzeit zur Seite.
Dann ging es an die etwas andere Fallschule. Frank erklärte, dass es beim Treten wichtig sei, die doch etwas verlängerte Distanz - im Vergleich zum Arm - zu überbrücken, um den Partner auch richtig und verletzungfrei werfen zu können. Also dem Tritt mit einem Tai-Sabaki ausweichen, eintreten und den Uke kontrolliert (er durfte sich am Arm des Nage festhalten) fallen lassen.
Natürlich betonte Frank auch, dass der eine oder andere Tritt doch auch mal treffen aollte, natürlich dosiert in seiner Intensität aber doch konsequent ausgeführt, zur Distanzüberprüfung.
Dann ging es an die erste richtige Technik und wir schauten alle gebannt auf Frank und Heike. Die beiden demonstrierten uns einen Geri-Otoshi (Handtuch ausschütteln...) aus dem Tritt Mae-Geri. Die Ausgangsstellung dafür ist die klassische Gyaku-hanmi Position, der Triff erfolgt mit dem hinteren Bein, der Nage weicht dann mit einem Sabaki aus und begibt sich so hinter den Uke und wirft ihn durch Zug an den Schultern ab.
Bei dieser Technik, wies Frank uns darauf hin, dass ein Angreifer, der triff, niemals nur dies alleine tun wird. Sicher kommt noch ein Fauststoß oder ein Schlag mit dem Ellbogen hinterher. Um dies zu unterbinden, sollte Nage den Uke stören: So geht eine Hand des Nage zum Kopf bzw. Gesicht zum Uke. Dies führt zur Irritation des Angreifers und der Nage nutzt dies, um eine Technik anzusetzen. Frank erklärte auch, dass der Triff verschiedenst eingesetzt werden kann: Entweder ist der Tritt final, d.h. er triff so, dass der Nage nicht noch mal angreift oder der Tritt kommt so, dass dieser weitergeleitet werden kann und umgewandelt wird in eine Technik.
Die nächste Tecnikh war ein Kaiten-Nage Soto Tenkan aus Mae-Geri. Ja, ich wollte es nicht glauben, aber man kann auch vorwärts rollen aus einem Fußangriff herraus.
Alle übten sehr intensiv und konzentriert und gingen sanft und achtsam miteinander um.
Als nächstes kam ein Kote-Gaeshi. Dabei sollte der Angreifer erst treten und dann einen Fauststoß Richtung Kopf geben. Der Nage verlängert diesen Stoß und wirft so den Uke ab - hier noch über die Hand. Frank zeigte uns an dieser Technik die anatomischen Ähnlichkeiten an Arm und Bein auf.
Zwar wirkt der Hebel des Kote-Gaeshi auch, wenn man "nur" das Handgelenk hebelt - es geht aber viel besser, wenn man das nächst größere Gelenk den Ellbogen mit der Tekatana mitführt, viel viel besser.
Dieses Prinzip wurde dann auf das Bein übertragen. Das Fußgelenk mit der Tekatana hebeln und der Uke fällt.
Zum Abschluss der ersten Trainingseinheit gab es dann noch einmal einen Reaktionscheck: Die Pratzen auf und ab gehts: Nage bestimmt wohin getreten wird - hoch, tief, links, rechts.
Und danach waren auch wirklich alle ziemlich alle.
Nach einem ausgiebigen Abendessen ging es auch sofort weiter mit der 2. Trainingseinheit. Frank nahm durchaus Rücksicht auf die rund gefutterten Bäuche und so begannen wir mit einem Ticker-Spiel zum Warm werden. Paarweise zusammen und es durften erst nur die Schultern getickt werden, dann kam die Hüften dazu und zu guter Letzt auch noch die Füße.
Als zweite Trittmöglichkeit führte Frank den Yoko-Geri ein. Dieser Tritt ging nicht nach frontal, sondern wurde aus einer seitlichen Position (90° Winkel zum Nage) ausgeführt: Nachstellschritt mit dem hinteren Bein, dann die Hüfte ausdrehen und das Knie anwinkeln so weit wie es geht und mit dem Unterschenkel nach vorne treten - wie ein Peitschenschlag. Diese Trittform wurde wieder zu zweit geübt aus einer gyaku-hanmi Position.
Dann wurde wieder die Fallschule zu allen Seiten geübt, nach vorne, nach hinten und zu Boden.
Aus diesem Angriff zeigte Frank uns einen Ude-kiminage. Der Angriff Yoko-Geri kommt und man tritt in den Partner ein und wickelt sich das Bein, wie einen Gürtel um die Hüfte. Dann einfach das Zentrum drehen und der Uke fällt zur Vorwärtsrolle.
Natürlich lässt sich dies auch härter fallen, indem man den Fall auf beiden Unterarmen und den zu einem Dreieck geformten Handflächen abfängt.
Die nächste Technik war ein Kote-mawashi aus Yoko-Geri. Dabei ging es Frank um die Ablegeform bzw. den Hebel am Fuß.
Anders als bei der Hand, wird der Fuß nicht geknickt sondernnach außen verdreht. dies geschieht, wenn der Uke bereits auf dem Bauch liegt. Der Fuß wird an der Brust fixiert und mit dem zentrum nach außen gedreht. Dieser Hebel kann intensiviert werden, indem Nage noch ein Bein einsetzt und sich mit diesem auf den Oberschenkel des Uke abkniet.
Alle Teilnehmer litten mit Heike mit, obwohl Frank betonte, dass sie nicht so übertreiben sollte. Sah man allerdings in Heikes gesicht beim Ablegen konnte man das nicht recht glauben! Sie hatte unser aller Mitleid!
Vorerst letzte Technik zeigte uns Frank, dass man durchaus auch mal die Arme nutzen konnte, auch wenn getreten wird. So greift Uke mit Yoko-Geri an, Nage reagiert und weicht aus, greißt aber den Arm von Uke und macht einen Ude -Osae. So wird die größere Distanz wieder sicher überbrückt und Uke irritiert durch den Überraschungsmoment. Frank wies uns auch hier darauf hin, ruhig zügig zu arbeiten, denn wenn der Tritt bereits in Gang ist, kommt man nicht mehr gut an den Arm des Uke ran.
Zum Abschluss dieser Trainingseinheit gab es dann noch ein kleines Casting-Spiel für alle Schauspieler. Uke und Nage sollten einen Show-Kampf improvisieren, sprich: Einer beginnt mit einem Angriff und der andere sollte fiktiv aber schon im richtigen Abstand und realistisch zu Boden gehen, fallen oder was auch immer. Dieses Spiel sorgte zum Abschluss noch einmal für eine lustige und ausgelassene Stimmung auf der Matte.
Nach dem Training gab es noch die Möglichkeit sich in der kleinen Bar zum Umtrunk zu treffen und die eigenen Erfahrungen über das Training und die Eindrücke auszutauschen.
Am Sonntag ging es nach einem ausgiebigen Frühstück auch direkt weiter mit einer neuen Trittmöglichkeit: der Mawashi-geri. Dies war ein Tritt, der von seitlich im Halbkreis verlaufend ausgeführt werden sollte.
Zum Warmmachen gab es das Obstkorb-Spiel: Pratzen markierten die Plätze im Kreis und es wurde in Banane, Apfel und Birne aufgeteilt. Einer steht in der Mitte des Kreises, dieser versucht in den Kreis zu gelangen indem er die Obstsorten aufruft und versucht einen Platz zu erhaschen. Dies sorgte zum Einen für warme Beine und zum Anderen für viel Spaß und Unterhaltung.
Frank zeigte uns nun, dass selbst der Te-Kubi mit einem Bein funktioniert. Und das tut mindestens genau so weh wie am Arm.
Auch hier hatte Frank 3 verschiedene Helbelablegemethoden: zuerst die selbe wie beim Mawashi. Dann wird der Fuß so umarmt, dass man ihn gegen die Brust nimmt und dann nach außen dreht. Und zu guterletzt werden irgendwie die Beine miteinander verknotet. Aber da sagt ein Bild, sicher mehr als 1000 Worte,...
Frank erwähnte im Zusammenhang mit allen Techniken auch 2 , mir bis dato völlig unbekannte, Prinzipien: Das Kaugummi-Prinzip & das Wirbelsturm-Prinzip.
Beim Kaugummi-Prinzip, geht es darum so dicht wie möglich am Partner zu kleben, ihn zu kontrollieren und so die Distanzen so gering wie möglich zu halten. Kleben, eben wie ein Kaugummi.
"Beim Wirbelsturm-Prinzip, muss der Partner die Energien des Angreifers einfach aufsaugen,..." , erklärte Frank während einer Technik, und dies wurde uns dann auch bildhaft bewusst.
Und langsam neigte sich auch diese Trainingseinheit dem Ende zu und zu allem Entsetzen verlangte Frank zur allgemeinen Belustigung aller noch eine Lernerfolgskontrolle!
Also zeigte Frank zum Schluss nochmal alle Techniken, die an diesem Wochenende dran waren: Mae-Keri, Yoko-Keri, Mawashi-Keri und dazu jede erdenkliche Verteidigungsform die einem dann noch eingefallen ist!
Als das allgemeine Gerangel und Geraufe dann vorbei war, gab es noch eine kurze Entspannungsmassage mit Partner.
Frank beendete das Training mit den Worten: "Ihr könnt jetzt aus allen erdenklichen Positionen Ukemi, das macht einen doch wesentlich sicherer. Und es bringt euch Kondition, Reaktion und doch einen gewissen Grad an Selbstverteidigung mit ins Aikido!"
Es wurde abgegrüßt, und wie nicht anders zu erwarten, gab es kräftigen Applaus für Frank und ein Lehrgangsgeschenk vom Ulli überreicht.

Meinerseits kann ich nur sagen: Ein Dankeschön an Frank, der mir ein doch bisher sehr unbekanntes Element im Aikido etwas näher bringen konnte! Es hat Spaß gemacht, war witzig und schweißtreibend gleichzeitig.
Danke auch an Heike, die sich brav von Frank hat verknoten lassen und als Wurfgeschoss gedient hat und natürlich an Ulli für die Organisation!

Frank Zimmermann kann eben doch locker mit Podolski, Backham und Co. mithalten!




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