Samstag, 22. Januar 2011

Die leere Hand des Aikido und Koshi Nage

Bundeslehrgang mit Manfred Jennewein 6. Dan vom 22.-23. Januar 2011 in Winsen/Luhe beim TSV Winsen



Nach den ganzen Feiertagen im letzten Jahr, muss man rechtzeitig anfangen, die angefutterten Kilos wieder los zu werden. Und wie soll es anders sein, dies geht am besten mit Aikido-Training und dem fleißigen Besuch von Lehrgängen.
Und da Bundeslehrgänge im hohen Norden eher Seltenheit sind, muss so eine Gelegenheit ausgenutzt werden!
Also trafen sich auch gleich etwa 50 Aikidoka um die guten Vorsätze für 2011 in die Tat umzusetzen.
Als unsere Truppe in Winsen ankam, stellte sich uns gleich die erste Herrausforderung, nämlich das Suchen bzw. Finden der Halle, aber die Menschen mit den großen länglichen Taschen waren nicht zu übersehen, so wussten wir schnell wohin.
Um 15.30 Uhr begann die erste Trainingseinheit mit Manfred. Nach einer kurzen Begrüßung, gab Manfred das Aufwärmtraining an einen motivierten Aikidoka aus der Gruppe ab, denn je älter man wird, desto weniger wird sich bewegt auch im Aikido.
Er erklärte uns, dass er ein leidenschaftlicher Verfechter des Aikido mit der leeren Hand sei, sprich, das waffenlose Aikido soweit wie möglich für sich perfektionieren wolle.
Thema des Bundeslehrgangs war: Koshi-Nage und Messertechniken.
Nachdem wir eine sehr gemischte Auswärmgymnastik gemacht hatten, gab es eine Vorübung zum Zentrumseinsatz. Dann begann Manfred uns den Koshi-Nage etwas genauer zu erklären:
Ursprünglich entstand diese Technik, aus einer "Situation der Waffenlosigkeit". Wenn der Samurai sein Katana verloren hatte, machte er sich klein und attakierte die Beine des Gengers.
Diesen Grundgedanken aufgegriffen machte uns Manfred beim Koshi-Nage deutlich, dass die richtige Position und der Kontakt wichtig sind.
Wir übten dies aus Katate-tori-gyaku-hanmi. Ich stellte mal wieder fest, dass "Kleine" ab und an doch einen Vorteil haben und freute mich über den Hinweis mich beim Abknien nach dem Wurf, beim Koshi-nage, noch kleiner bzw. enger zusammenzuziehen, um mein Gleichgewicht halten zu können.
Als nächstes übten wir Koshi Nage aus Ryote-tori. Manfred legte bei dieser Technik viel Wert auf das Führen der ersten Hand Richtung Gesicht, um das Gleichgewicht des Uke zu brechen. Dann konnte man sich um so leichter eindrehen und den Uke werfen. Diese Form verknüpfte Manfred dann noch mit einem Antäuschen der geführten Hand und Eintreten in die nichtgeführte Seite.
Damit aus dem Koshi-Nage kein Schubsi-Nage wird, wies Manfred uns darauf hin, die Hüfte nicht einfach zur Seite zu schieben, sondern mit dem aufgeladenen Partner eher eine leichte Aufwärtsbewegung zu machen.
Zur allgemeinen Erheiterung der Gruppe baute Manfred auch eine Technik mit einem Fußtritt ein. Diese setzte sich aus dem Angriff Ryote-tori und einem Fußtritt zusammen. Durch den Tritt von Uke wurde es Nage einfacher gemacht, direkt in die perfekte Position zum Koshi Nage zu gelangen und ihn schnell werfen zu können. Auf dieses für mich völlig neue Gefühl musste ich mich erst ein wenig einlassen. Auch aus einem Shiho-Nage aus Gyaku-hanmi lässt sich ein Koshi-nage werfen. Dies durften wir auch alle sehr eindrucksvoll bewundern. Für mich war auch das ein neues Gefühl vom Fallen bzw. geworfen werden.
Nach der Hälte der Zeit ging Manfred zu den Messertechiken über und erklärte uns vorweg, dass man sich ja nicht einbilden sollte, man könne einen Messerangriff durch Aikido beherrschen. Seine Devise: "Am Besten weglaufen und das ganz schnell!"
Manfred erklärte uns auch, dass das Angreifen mit einem Messer anders sei, als ohne. Der Uke sei ein wenig gehemmter, weil er ja eine Waffe habe und vorsichtig sein wolle. Somit verlangen die Messertechniken auch ein schnelleres und präziseres Handeln vom Nage.
Wir begannen mit einem Kote-gaeshi und das klappte auch bei allen sehr gut.
Nachfolgend steigerte Manfred dann den Schwierigkeitsgrad mit einem Ude-Kimi-nage und weiter mit einem Uke-kim-osae. Alle Teilnehmer übten fleißig und konzentriert und nahmen die Hinweise von Manfred dankend an.
Die Zeit verging wie immer viel zu schnell, und der erste Tag war schon wieder fast vorbei.
Im Anschluss an das Training trafen sich die Meisten im "Hotel Europa" um den Tag mit einem Abendessen und gemütlichem Beisammensein und natürlich auch mit dem Thema Aikido ausklingen zu lassen.
Am Sonntag ging es dann pünktlich um 9.30 wieder auf die Matte. Wie immer waren einige neue Gesichter dazu gekommen und bekannte weggeblieben.
Das Aufwärmtraining wurde wieder abgegeben, und wir regten unsere Motorik mit einer wilden Verkettung der Eingänge von Bodentechniken an: Zuerst Ude-Osae gefolgt von einem Kote-mawashi-tenkan-Eingang, dann geführt, wie zum Kote-hineri, weitergeführt mit Shiho-nage den Uke im Hohlkreuz stützen, zurück kommen lassen, die Hand weitergeleitet zum Kote-gaeshi und dann im Kote-hineri (Tenkan) abgelegt. Puuhh, ganz schön viel am Sonntagmorgen für das Gedächtnis!
Dann griff Manfred das Training wieder auf und machte weiter mit Messertechniken.
Er widmete sich zunächst den Schlagtechniken und es begann mit einem Kote-gaeshi aus shomen-uchi. Dann ging es weiter mit einem Shiho-nage aus Yokomen-uchi und dem Ablegen des Messers. Alle übten sehr fleißig und intensiv, was Manfred uns zeigte. Da das Thema ja auch Koshi-nage war, verband Manfred als nächstes gleich die beiden Dinge und ließ uns einen Koshi-nage aus Yokomen-Uchi mit dem Messer angegriffen üben. Hierbei sollte der Nage nicht zu viel Bewegung ausführen, sondern versuchen den Uke zu bewegen.
Hier und da hatte Manfred noch die eine oder andere Verbesserungsidee, wie z.B die Standpausen einfach mal wegfallen zu lassen.
Dabei sprach er auch gleich eine Lektüre-Empfehlung aus, was das eine oder andere Gelächter unter den Zuhörern auslöste. Manfred erwähnte, dass in dem Buch "Messerkampf - Das definitive Buch über Blankwaffen" von Sergeant Jim Wagner das alles etwas marzialischer und blutiger vonstatten gehen würde und dass wir uns ja nicht einbilden sollten, nur weil er hier 8 Techniken mit dem Messer zeigte, man das im wirklichen Leben könnte.
Am liebsten hätte Manfred wohl noch 2 Stunden weiter gemacht mit den Messertechniken, aber am Vorabend gab es noch spezielle Wünsche auf diese Manfred noch eingehen wollte.
Und so machte er noch ein wenig "Fleischklopfen" mit mehr oder weniger frei geworfenen Koshi-Nage. Aber die meisten ließen ihre Partner rollen und Manfred stellte mit großer Freude fest, dass viele das Gelernte von gestern fleißig umsetzten.
Noch eine kurze Korrektur von Manfred: "Wenn man beim Koshi-nage zu weit neben dem Partner steht dann kann daraus schnell ein ungewollter Aiki-otoshi für den eigentlichen Nage werden, also immer gut auf die richtige Koshi-nage Position achten!"
Dann ging es heiter weiter mit dem Koshi-nage-hiji-garami. Auch dort, sollten wir den Uke einfach laufen lassen, denn auf unserer Hüfte landet er irgendwann von selbst.
Wir übten in 3er-Gruppen was etwas mehr Platz verschaffte.
Zu guter Letzt gab es dann noch eine realtitätsbezogene Technik.
Wenn man abends so spazieren geht, dann kommen plötzlich 2 würgende Hände aus dem Gebüsch und zack! was haben wir dann? Richtig, einen Yoko-kubi-shime. Manfred meinte das sicher etwas scherzhaft, weil die Situation Yoko-kubi-shime eher ungewöhnlich ist.
So zeigte Manfred auch aus diesem Angriff einen klaren und deutlichen Koshi-nage.
Und ehe wir angefangen hatten zu üben war die Zeit auch schon vorbei, und das Lehrgangsfoto stand noch aus: Schnell alle auf einen Haufen, Grinsen und dann Klick, Blitz, Klick, Grinsen und fertig!
Manfred bedankte sich ganz herzlich bei allen Teilnehmern, dass doch alle so fleißig trainiert hatten und doch viele versuchten, das von ihm Gezeigte sehr genau und gewissenhaft umzusetzen. Dies würde man nicht so oft erleben, meinte er und genau dies wäre es aber, was ihm riesig Spaß mache und warum er überhaupt noch Lehrgänge geben würde.
Nach diesen eindrucksvollen Worten grüßten wir ab, bauten fix die Matten ab und verschwanden in die Umkleidekabinen.
Im Anschluss gab es noch einen kleinen Snack und dann trennten sich die Wege der meisten Aikidoka wieder.
Für mich war es ein schöner Bundeslehrgang mit einem mir zuvor unbekannten Trainer, der mir aber sofort nach den ersten Minuten auf der Matte gut gefiel. Man hat deutlich gesehen: Weniger ist manchmal doch mehr, und Klein sein hat auch seine Vorteile!
Ein Dankeschön an Manfred muss auch sein. Er hat mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen versucht es für jeden Gürtelgrad entsprechend zu vermitteln und verständlich zu machen.
Auch einen Dank an den TSV Winsen, der als ausrichtender Verein keine Kosten und Mühen gescheut hat, uns den Aufenthalt so angehem wie möglich zu machen.
Ich komme auf jeden Fall gerne wieder!

Liebe Grüße Tina

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