Sonntag, 28. November 2010

Kotzende Katze und etwas Sadismus ergeben ein vielfältiges Aikido

Landeslehrgang des AVSH vom 26. - 28. November 2010 mit Heike Bizet 3. Dan in Bad Malente-Gremsmühlen

Am 1. Adventwochenende fanden sich wieder viele Aikido-Begeisterte in Malente zusammen um dort unter der Leitung von Heike Bizet, 3. Dan vom TGS-Walldorf die Vielfalt des Aikido kennen zu lernen.
Am Freitagnachmittag gegen 17 Uhr war bereits Anreise in Malente, so machten wir aus Hamburg uns schon um 15 Uhr auf den Weg. Leider gerieten wir in einen kleinen Stau von 10 km auf der Autobahn und hatten uns dann auch noch in Eutin ein wenig verfahren (danke Navigationsystem!) und so erreichten wir dann um 17.30 endlich unser Ziel. Nach der Zimmeraufteilung ging es zum Abendessen und es waren wieder viele bekannte Gesichter dabei. Nach dem Abendessen, hatten wir noch etwas Zeit um die Zimmer herzurichten, uns umzuziehen und dann durch den Schnee und die Kälte, rüber zur Halle zu gehen.
Heike begann das Training pünktlich und erläuterte uns kurz ihren Werdegang. Sie erklärte, dass sie das Aikido keinesfalls "gesund" machen wolle. Vielmehr ginge es ihr darum Elemente aus der Physiologie und der Anatomie des menschlichen Körpers mit dem Aikido zu verbinden.
Zur Erwärmung gab es dann auch gleich ein spaßiges 1,2,3 Spiel: Zu jeder Zahl eine bestimmte Übung - 1 war stehen bleiben, 2 war auf einem Bein stehen, 3 war in die Hocke gehen und 4, 5 und 6 kamen dann auch noch dazu. Natürlich lernten wir alle auch die "schlabbernde Katze" - Liegestützstellung und den Körper zurück, nach unten zur Matte und wieder nach vorne bewegen- und die "kotzende Katze" -die gleiche Bewegung nur umgekehrt- kennen. Dies wurde auch sofort mit schönen Geräuschen untermalt. Die Kombination aus geistiger und körperlicher Anstrengung hat allen Teilnehmern durchaus Spaß bereitet. Dann ging es weiter mit einigen grundlegenden Dingen wie Sabaki und Zentrumseinsatz. Wir übten verschiedene Techniken und Heike betonte immer wieder, wie wichtig diese Teile zum Erlernen der Grundtechniken im Aikido sein. Unter anderem wurden Shiho-nage und Kokyo-nage genutzt, um den Einsatz der Tegatana, die richtige Distanz und auch die dabei richtige Körperhaltung und Position zu üben. Die erste Einheit war vorrüber und natürlich trafen sich die meisten im Anschluss auch wieder in Tamaras Kneipe, um dort die eine oder andere Gesprächsrunde oder Diskussion über Aikido oder Privates zu führen. Für einige wurde es dann doch auch etwas später, aber dies war kein Grund am Sonntagmorgen um 9.30 nicht pünktlich auf der Matte zu erscheinen.
Für diese Einheit hatte Heike sich die Arbeit mit dem Jo überlegt und griff Angriff und Abwehr von Karl Köppel, der dies vor 2 Wochen auf dem Bundeslehrgang in Frankfurt gezeigt hatte, noch einmal auf. Dem einen oder anderen aus Frankfurt auch schon bekannt, war es trotzdem eine Herrausforderung. Dann zeigte uns Heike zuerst ohne Stab und danach mit Stab eine lockere Technik aus Katate-ryote-tori: Der Uke greift an und der Nage macht einen Doppelschritt um ihn herum und führt die Hand über den Kopf und lässt den Arm ganz einfach fallen - genau so als würde man ein Handtuch ausschütteln. Dies tat Heike dann auch mit dem Stab. Bei dieser Übung wurde vielen die veränderte Distanz deutlich, die durch die Nutzung des Stabes entstand.
Auch hier war dann irgendwann mal Schluss, und alle freuten sich aufs Mittagessen und die anschließende Pause.
Um 15 Uhr ging es dann weiter auf der Matte mit verschiedensten Halte- und Hebeltechniken. Heike zeigte uns, dass der Kote-mawashi immer noch ein Mawashi sein kann, obwohl die Hand an dem der Hebel angesetzt wird immer anders gehalten oder gegriffen werden kann.
Für die Kleinen von unten gegriffen, für die Großen von oben nach unten ausgestrichen.
Beim Ude-osae wies Heike noch mal auf die Anatomie der Schulter hin: Bei einigen kann beim Ablegen der Arm eben nicht einfach bis nach oben hin ausgestreckt werden. Sie erklärte uns, dass die Schulter ein Kugelgelenk sein und sich aus Kugel und Pfanne zusammensetze. Das Schulterdach befinde sich über diesem Gelenk und würde die Beweglichkeit des Gelenkes sehr einschränken. Heike zeigte uns, wie man diese Einschränkung einfach umgehen konnte, indem man den Oberarm beim Ablegen einfach etwas nach unten zur Matte drücken und weitergeht. Auch der Kote-hineri wurde trainiert und dabei ließ es Heike sich nicht nehmen, ihren Mann Eric ein wenig "hin und her zu hebeln". Man sah ein flüchtiges Lächeln über Heikes Lippen huschen und der Satz: "Man muss einfach ein bisschen Sadist sein, um Aikido machen zu könnten." , ließ auch die Teilnehmer nicht unbeeindruckt. In diesem Moment litten alle gemeinsam mit Eric. Sein schmerzverzerrtes Gesicht war kaum zu übersehen.
Genau diese "Szenen einer Ehe" trugen zur Belustigung aller auf der Matte bei.
Auch das Thema Randori ließ Heike nicht außer Acht. Ob mit 2 Angreifern gleichzeitig, die sie sich mit dem Kote-mawashi zu Füßen legte, oder mit 3 Angreifern in einer Reihe und jeder mit einer anderen Angriffsart -Heike hatte definitiv ihren Spaß uns fleißig Übenden dabei zuzusehen.
Nach dem Abendessen wurde die letzte "Einheit" von allen sehnsüchtig erwartet: Das Erlernen und Anwenden von klassischen Massagetechniken und der Tuina Massage bildete das ultimative Highlight. Auch in diesem Bereich bewies Heike ihr fachmännisches Wissen und vermittelte kompetent die einzelnen Massagetechniken und Griffe. Sowohl der Massierende als auch der zu Massierende hatten ihren Spaß und zumindest Ich kam voll auf meine Kosten. Nach 1,5 Std. war das Wellness-Programm dann auch vorbei und alle begaben sich tiefenentspannt von der Matte. Einige mussten sich aber noch einer tiefgreifenden Entscheidung stellen: Bar & Bier oder doch lieber Bett?
Am Sonntagmorgen war dann schon ein erheblicher Schwund an Teilnehmern auf der Matte festzustellen. Heike ließ sich keineswegs davon beeindrucken und begann wieder mit einer intensiven Aufwärmgymnastik in Partnerübungen. Man konnte durchaus Liegestütze und Übungen für die Bauchmuskulatur mit einem Partner gemeinsam machen -nämlich indem dieser einen Bock bildet und der andere sich, je nachdem, entweder in Liegestützposition begibt oder sich mit dem Rücken zur Matte mit den Beinen auf den Rücken des Partners positioniert und dabei den Po anhebt und absenkt.
Nach einigen Übungen zum Ushiro-ryote-tori, um die Spannung in den Armen zu erhalten, übten wir dann den Kote-gaeshi mit Messer.
Heike machte uns auf den respektvollen Umgang mit der Waffe aufmerksam: "Die Klinge bei der Übergabe zu mir - Ich komme in freundlicher Absicht- die Klinge zum Partner gezeigt - Ich will dich reizen und provozieren!"
Bei Messertechniken durfte auch der Shiho-nage als Ablegetechnik nicht fehlen - und auch hier zeigte uns Heike die Verbindung zwischen Anatomie (Wie weit kann man ein Handgelenk wirklich beugen?) und Aikido deutlich auf.
Zum Ende jeder Trainingseinheit baute Heike ca. 5-7 Minuten Entspannungs- und Atemübungen mit ein. Wir bekamen von ihr das Bild eines Baumes der sich tief im Boden verwurzeln sollte, wir durften die verschiedenen Regionen der Atmung erspüren und natürlich auch feststellen, dass die hintere Beinmuskulatur sehr unangenehm bzw. schmerzhaft zu dehnen sein kann.
Leider neigte sich nun auch das letzte Training dem Ende zu und Heike bat zu guter Letzt noch um ein Lehrgangsfoto. Es wurde anschließend abgegrüßt und Heike bekam Standing Ovation und alle waren durchweg begeistert von dem was Heike uns an diesem Wochenende vermittelt hatte.
Ulrich und Lilo hatten auch für das entsprechende "Wellness-Geschenk" gesorgt und da war es auch schon zu Ende mit dem Aikidolehrgang in Malente.
Als das Training beendet worden war, wurden die Zimmer geräumt und die weit angereisten Aikidoka mussten noch vor dem Mittagessen Malente verlassen.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Ulrich und Lilo für die Organisation und das Drumherum bedanken.
Ein besonderes Dankeschön natürlich an Heike Bizet, die es geschafft hat, mit guter Methodik, kompetentem Fachwissen, der Verbindung von Hobby (Aikido) und Beruf (Physiotherapeutin) und mit ihrer ganz speziellen Art von Humor, uns eine etwas andere Sichtweise des Aikido zu zeigen.
Mir haben besonders die Massage-Einheit, die Verbindung von Aikido und Physiologie sowie Heikes ständige Präsenz gepaart mir ihrem manchmal "strengen Regiment", das sie letztendlich doch immer wieder durch ihre charmante Art relativierte, gefallen.
Ich würde mir wünschen, Heike möglichst bald wieder auf einem -im Norden gelegenen- Lehrgang begrüßen zu dürfen und werde versuchen einiges von dem Erlernten in meinen Verein zu tragen.

Liebe Grüße und ein weiterhin gesundes und spaßiges Training,

Tina


Einen weiteren Bericht von Andreas Kalbitz findet ihr hier:
http://www.aikido-bsv.de/technik/malente_112010.php

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